Die AfD und Europa



Drei Tage im Januar dauerte der AfD-Parteitag zum Thema Europa. Die meiste Zeit beschäftigten sie die Teilnehmer*innen mit der Frage, wer von ihnen einen aussichtsreichen Listenplatz erhält und damit die Chance auf einen hochdotierten und begehrten Posten in Brüssel.
Dies erstaunt um so mehr, als die AfD sich inhaltlich klar positioniert:

  • Abschaffung des EU-Parlaments
  • Rückkehr zur Deutschen Mark
  • Erhalt der Deutschen Kultur
  • Remigrations - Programme größtmöglichen Umfangs
  • Absage an den Klimaschutz
  • Gegen Frauenförderung und Gleichstellungsmaßnahmen

Zwar konnten sich Herr Meuthen und Herr Gauland mit ihrem moderaten Tonfall durchsetzen; es ist nicht mehr die Rede von einem Dexit binnen 5 Jahren sondern „in angemessener Zeit“, wenn sich die EU nicht im Sinne der AfD reformieren würde. Frau von Storch hat es deutlich formuliert. Man müsse „eine Tonspur runter“, es gehe darum, bürgerliche Wähler zu erreichen.

Die Botschaft der Partei im Bundestag ist jedoch eindeutig. Sie bricht mit einem zentralen Konsens der deutschen Nachkriegsgeschichte. Es ist eine Zäsur, deren Irrsinn man derzeit besonders leicht mit einem Blick auf das Chaos auf den britischen Insel vor dem Brexit erfassen kann.

Der Parteitags-Beschluss zeigt, wie weit sich die Partei sechs Jahre nach ihrer Gründung als Sammelbecken der Euroskeptiker radikalisiert hat. Er ignoriert die herausragende Bedeutung, den die EU politisch, ökonomisch und historisch hat.
Die AfD lässt keinen Zweifel daran, dass sie das Friedensprojekt Europa zerstören und zu dem zurückkehren will, was im 19. und 20. Jahrhundert Voraussetzung, mehr noch: Initialzündung für Kriege gewesen ist: der Nationalstaat – insbesondere dann, wenn dieser von nationalistischen Autokraten regiert wird.
Geht es nach der AfD, müssen sich die EU und die Europapolitiker von einer Vielzahl von Aufgabenfeldern und Zielen verabschieden. Dazu zählen eine gemeinschaftliche Außen- und Sicherheitspolitik ebenso wie die Klimaschutzpolitik, Luftreinhaltung, eine Harmonisierung von Unternehmenssteuern, eine europäische Sozialunion und ein gemeinsames Asylsystem.
Das in der Präambel des Europa-Wahlprogramms idealisierte „Europa der Vaterländer“, soll „insbesondere einen unbehinderten Binnenmarkt und fairen Wettbewerb“ gewährleisten. Mehr nicht!



Die Kernforderungen im Europawahlprogramm der AfD:

1) Auflösung des EU-Parlaments


Die AfD hält das EU-Parlament „mit deinen derzeit 751 priviligierten Abgeordneten“ (Zitat: Berliner Zeitung) für undemokratisch und damit illegitim. Es müsse abgeschafft werden. Mit anderen Worten: freie und geheime Wahlen sind laut AfD kein Garant für demokratische Legitimation. Aber was dann? Der viel beschworene „Volkswille“?
Damit macht die AfD deutlich, dass sie die repräsentative parlamentarische Demokratie ablehnt. Man muss befürchten, dass sie bei passender Gelegenheit auch auf nationaler Ebene die parlamentarische Demokratie versuchen wird, auszuhebeln um „dem Volk“ die Entscheidungskonpetenz zu geben.
Geht es nach der AfD, müssen sich die EU und die Europapolitiker von einer Vielzahl von Aufgabenfeldern und Zielen verabschieden. Dazu zählen eine gemeinschaftliche Außen- und Sicherheitspolitik ebenso , eine Harmonisierung von Unternehmenssteuern, der Versuch, wirtschaftlich schwächere Regionen mit Kohäsionsfonds voranzubringen, eine europäische Sozialunion, ein gemeinsames Asylsystem, die Klimaschutzpolitik, Vorgaben zur Luftreinhaltung und die Agrarpolitik.
(Quelle: Europawahlprogramm der AfD)



2) Rückkehr zur Deutschen Mark


„Die wiedereingeführte D-Mark würde ihre hohe Kaufkraft gegenüber den anderen Ländern (wie vor der Euro-Einführung) analog zur guten Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wiedergewinnen, das heißt aufwerten.“ (Quelle: Europawahlprogramm der AfD)

Angesichts des chaotischen Brexit (mit jetzt schon spürbaren negativ Entwicklungen der Britischen Wirtschaft) scheint es eher zweifelhaft, dass die Wiedereinführung der Deutschen Mark der deutschen Wirtschaft einen Benefit bringt. Hier werden nur nostalgische Emotionen bedient, wie auch in vielen anderen Teilen des AfD Programms.



3) Erhalt der Deutschen Kultur


Ziel deutscher Außenpolitik sei der Erhalt eines souveränen Deutschlands, das Freiheit, Recht und Sicherheit seiner Bürger garantiere, heißt es im Europa Programm. Richtschnur seien „die realpolitischen Erfordernisse, nicht wirklichkeitsfremde Ideologien“. Sympathien zeigt die AfD in diesem Zusammenhang für die Visegrád-Staaten, deren „Bemühungen zur Erhaltung der europäischen Identität“ die Partei lobt. Den „politischen Eliten und Institutionen der EU“ wirft die AfD vor, sie würden eine Asyl- und Immigrationspolitik betreiben, die „die europäische Zivilisation in existenzielle Gefahr bringt“. „Eine weitere Öffnung Europas für Zuwanderung aus anderen Kontinenten wird in relativ kurzer Frist unweigerlich zu einer Marginalisierung der einheimischen Bevölkerungen führen. Die Politik der Grenzöffnung wird einen Kulturabbruch historischen Ausmaßes zur Folge haben.“ (Quelle: Tagesschau)

Die Einwanderung nach Europa müsse so begrenzt und gesteuert werden, „dass die Identität der europäischen Kulturnationen unter allen Umständen gewahrt bleibt“. Auch beim Thema Migration will die AfD aus lauter Angst vor der Zukunft zurück in die Vergangenheit. Sie fordert dauerhafte Kontrollen an der deutschen Grenze. Die weitere Zuwanderung aus anderen Kontinenten führe nämlich zu einer „Marginalisierung der einheimischen Bevölkerung“. Mehr noch: Die Asyl- und Immigrationspolitik der EU bringe „die europäische Zivilisation in existenzielle Gefahr“. Deshalb will die AfD eine „Festung Europa“ mit hochgezogenen Mauern und fest geschlossenen Toren errichten. (Quelle: Telepolis)



4) Remigrations-Programme größtmöglichen Umfangs


Die EU müsse sich künftig im Wesentlichen auf die „operative Hilfestellung für die Mitgliedstaaten bei Abschiebungen sowie bei Verhandlungen über Rückführungsabkommen mit den Herkunftsstaaten“ beschränken. Das Programm zur Europawahl betont:
„Nicht ,Resettlement', also Umsiedlungsprogramme nach Europa, sind das Gebot der Stunde, sondern das Gegenteil: In Deutschland und Europa müssen Remigrationsprogramme größtmöglichen Umfangs aufgelegt werden.“ Hier werden fleißig Ängste geschürt. Als „Gefahr für Europa“ hat die AfD insbesondere den Islam ausgemacht. „Der imperialistische Islam, der seit dem frühen Mittelalter Teile Europas jahrhundertelang beherrscht hatte, expandiert seit über fünfzig Jahren in europäischen Staaten durch die Einwanderung von Muslimen und ihre höhere Geburtenrate.“ (Quelle: Europawahlprogramm der AfD)

Die Vokabel „Umvolkung“ fällt -aus taktischen Gründen- zwar nur noch in äußerst rechten AfD-Kreisen. Das Wahlprogramm schürt mit klüger gewählten Worten aber ebenso eindeutig diffuse Ängste in der Bevölkerung: „Die millionenfache Aufnahme junger, durchsetzungsfähiger Menschen aus der „Dritten Welt“ in Deutschland und Europa…..“. Die Sorge, dass gerade diese Menschen in ihren Herkunftsländern fehlen, ist zynisch. „Echte Flüchtlinge“ müsse man in heimatnahen Schutzzentren versorgen. Und die unechten? Das Schreckgespenst der Massenzuwanderung von nicht integrierbaren und kriminellen Menschen wird permanent an die Wand gemalt und in vielen Passagen schwingt die dumpfe Parole „Deutschland den Deutschen“ mit.



5) Absage an den Klimaschutz


Zum „Irrweg“ erklärt die AfD eine Politik des Klimaschutzes. „Wir bezweifeln aus guten Gründen, dass der Mensch den jüngsten Klimawandel, im Besonderen gegenwärtige Erwärmung, maßgeblich beeinflusst hat oder gar steuern könnte.“ (A. Gauland im ZDF Sommerinterview, 12.8.18)
Die Partei erteilt daher allen Maßnahmen der EU, „die die Reduzierung von CO2-Emissionen mit dem Schutz des Klimas begründen“ eine Absage. „Die Erzeugung von Strom durch Kernenergie gehört heute zu den sichersten Technologien.“ Kohle- und Kernkraftwerke sollten „in Betrieb bleiben, solange deren Betreiber es unter marktwirtschaftlichen Bedingungen für sinnvoll halten“. (Quelle: Europawahlprogramm der AfD)

Die AfD hält es mit ihren Ansichten zur Erderwärmung wie US-Präsident Donald Trump: Die Partei leugnet die von führenden Forschern vertretene Auffassung von dem vom Menschen verursachten Klimawandel. Dies formuliert Galionsfigur Alexander Gauland scheinbar naiv, auch vor der Industrialisierung habe es Warm- und Kaltzeiten gegeben. Das heraufbeschworene Schreckgespenst einer De-Industrialisierung Deutschlands („Zurück ins Mittelalter“) lässt zugunsten einer wirtschaftsliberalen Betrachtungsweise alle Risiken für Mensch und Umwelt außer acht, die Atomenergie und die Nutzung fossiler Brennstoffe mit sich bringt.

Warum aber erkennt die AfD Wissenschaft nicht als Grundlage ihres politischen Handelns an? Zwei Erkenntnisse mögen hier eine Rolle spielen:

- Der Klimaschutz ist ein internationales Anliegen und Projekt. Dies wiederspricht der Überzeugung der AfD, wonach jedes einzelne Land sein Schicksal allein die Hand nehmen kann. Der Klimawandel aber kennt keine Grenzen; er zeigt vielmehr, dass die Kategorie „Menscheit“ vor „Nation“ gehen muss.

- „Der Klimawandel bedeutet eine historische Schuld der Industrieländer. Deren Wohlstand und die Geilheit des Materialismus verursachen die größten Klimaschäden ausgerechnet bei denen, die kaum vom Reichtum des Zeitalters fossiler Brennstoffe profitierten. Das macht den Klimawandel zu einem generationenübergreifenden Koloniaismus.“ (taz, 26.2.19)



6) Gegen Frauenförderung und Gleichstellungsmaßnahmen


Zuwanderung als Instrument gegen schrumpfende Bevölkerungszahlen lehnt die AfD ab.

„Viele europäische Regierungen versuchen, den Bevölkerungsschwund durch Zuwanderung auszugleichen, obwohl dies nachweislich nicht gelingen kann und zu massiven Problemen beim kulturellen und sozialen Zusammenhalt führt. Die AfD befürwortet hingegen eine explizit Geburten fördernde Familienpolitik,...“ (Quelle: Europawahlprogramm der AfD)
In diesem Zusammenhang heißt es: „Das Wertschöpfungspotenzial der europäischen Leistungsgesellschaften droht durch den Mangel an von unserer Innovations- und Leistungskultur geprägten Nachkommen drastisch einzubrechen. Der Wettbewerb zwischen Kulturen wird in hohem Maße über die Größe ihrer Population beeinflusst. Zivilisationen, die ihre Bevölkerung verlieren, verschwinden eines Tages aus der Geschichte.“ (Quelle: Europawahlprogramm der AfD)





Die Kandidaten und Kandidatinnen!


Obwohl auch hier die AfD sich bemühte scheinbar „seriöse“ Kandidat*innen zu wählen, gelang es vorhersehbar nicht. Sogar das Heute Journal titulierte: „Radikalere AfD-Kandidaten setzen sich durch“

Fangen wir exemplarisch mit Herrn Jörg Meuten an, der sich immer gern als „Saubermann“ und lupenreiner Demokrat sieht:

„Meuthen hofft, ab Mai kein Einzelkämpfer mehr zu sein. Der Parteichef kündigte an, er wolle im künftigen EU-Parlament eine gemeinsame Fraktion des "rechten Lagers" schaffen, wie er es nannte. Bislang gibt es davon drei. Den Österreicher Heinz-Christian Strache (FPÖ), Italiens Innenminister Matteo Salvini (Lega Nord) und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán nannte Meuthen "unsere natürlichen Verbündeten“ (Zitat Spiegel)

Und diese natürlichen Verbündeten sprechen für sich. Herr Strache hat in Deutschland an rechtsextremen Wehrsportübungen teilgenommen, Herr Salvini möchte schnellst möglichst Milizen und Bürgerwehren in Italien installieren und Herr Orban verabschiedet sich von der CSU mit einem deutlichen Trend nach rechts:

„Orbán bezeichnete die bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament als "finale Schlacht". Mit Blick auf die Europäische Union sagte der Regierungschef, die "neue Hochburg der Internationalen heißt Brüssel und ihr Mittel ist die Einwanderung". Einwanderung führe aber zu "einem Anstieg der Kriminalität, insbesondere gegen Frauen" und lasse "den Virus des Terrorismus eindringen".“ (Zitat Spiegel)

Schauen wir uns die weiteren Kandidat*innen an, wird es nicht angenehmer.
Herr Krah ist der Ansicht, dass die Willkommenskultur tödlich für unser Land ist,
Herr Fest will alle Moscheen schließen und setzt das Kopftuchtragen mit dem Zeigen von SS-Runen und Hakenkreuzen gleich.
Herr Heidkamp hat Angst um die „Bio-Deutschen“ und fordert die deutschen Frauen zwischen 18 und 35 auf mehr Kinder in die Welt zu setzen. …

Die Reihe lässt sich so fortsetzen, schauen Sie einfach mal unsere AfD-Karten an, dort finden sie weitere Zitate der Afd-Kandidaten .