Leserbrief an die Redaktion der Goslarschen Zeitung

Leserbrief an die Redaktion der Goslarschen Zeitung
Artikel vom 04.06.2018: Ein bisschen Kritik und viel Erleichterung
Artikel vom 05.06.2018 und dazugehörige Bilder/Bildunterschriften: 2. Juni: Grauer Tag nimmt bunten Verlauf

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte zu den o. g. Artikeln folgendes anmerken:

In beiden Artikeln bzw. den dazugehörigen Bildern wird pauschalisierend von „linksextremen“ oder „linksextremer Szene“ gesprochen. Diese Wertung einer äußerst heterogenen Gruppe von zumeist jugendlichen DemonstrantInnen entgegen zu bringen, halte ich für unangebracht. Selbst auf den Bildern der GZ-Galerie ist zusehen, dass die Gruppe der zumeist von der Polizei aufgehaltenen und verspätet angereisten DemonstrantInnen eine überaus bunte Gruppe ist und nicht in ein Schema zu packen ist. DA sind z. B. die Jugendlichen und jungen Menschen der Falken und der grünen Jugend oder auch der DGB-Jugend dabei. Die Falken z.B. haben sich extra für diesen Tag lila T-Shirts oder Pullis angezogen oder tragen ihr Blauhemd, das Symbol der über hundert jährigen Geschichte der ArbeiterInnenjugendbewegung. Bei dieser Gruppe von reflektierten sich politisch engagierten jungen Menschen ist nichts von „linksextrem“ (in diskriminierender und vorverurteilender Lesart) zu sehen. Allenfalls politisch radikal im Sinne, dass z. B. große Ungerechtigkeit und Nazis verurteilt werden, aber das ist vollkommen legitim.

Außerdem möchte ich der Aussage des OB Junk widersprechen „Wir haben alles richtig gemacht“: Leider haben die Verantwortlichen der Stadt Goslar nicht alles richtig gemacht, denn ein Gang vor das Verwaltungsgericht wurde nicht erwogen mit der Begründung, man wolle sich das Heft des Handelns nicht bis Freitagabend aus der Hand nehmen lassen, falls die Gerichte entschieden hätten. Es hätte ja auch bei dem Versuch die Rechtsstaatlichkeit zu nutzen, das herauskommen können, was in anderen Städten sehr wohl immer wieder passiert: Naziaufmärsche, Versammlungen von Nazis, Demos werden verboten, weil sie volksverhetzend sind, nicht mit der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gedeckt sind. Der Stadt lag das einschlägige Urteil des OVG Lüneburg vor. Warum hat sie nicht gehandelt und lediglich eine stationäre Versammlung am Bahnhof genehmigt? Warum durfte stattdessen ein Demonstrationszug gespenstisch durch den Georgenberg ziehen und auch wieder durch die Wohnstraßen zurück und nicht an den Bahngleisen zurück?

Diese Szenerie hätte uns erspart bleiben können, wenn in der Stadt Goslar die einschlägigen Urteile zur Kenntnis genommen wären und die insofern richtigen Schlüsse daraus gezogen worden wären.

Die Stadtverantwortlichen haben eine große Chance versäumt sich gegen den Aufmarsch auch mit den juristischen, rechtsstaatlichen Mitteln zur Wehr zu setzen.

Nur gut, dass die BürgerInnen sich so gut mobilisiert haben.

Danke an das bunte Goslar und die solidarischen Menschen aus nah und fern, die uns am 2. Juni unterstützt haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Frank Ahrens