Guten Tag meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
ich begrüße Sie ganz herzlich im Namen von Fridays for Future, dem DGB, dem AK Kritische Soziale Arbeit, dem Verein Leben in der Fremde und dem Goslarer Bündnis g. R. zu unserer heutigen Kundgebung unter dem Motto
„Mit Nazis marschieren ist kein Spaziergang Corona – Verharmlosung stoppen“
Ich habe für die genannten Org. diese Kundgebung angemeldet und bin Versammlungsleiter.
Wir beschränken uns heute auf eine Standortkundgebung, weil wir nur das in der gegenwärtigen Corona – Situation für verantwortbar halten.
Wir möchten ausdrücklich unsere Solidarität mit allen Beschäftigten im Gesundheitswesen erklären. Wir sind allen, die um das Leben der Coronakranken gekämpft haben und noch kämpfen zu großem Dank verpflichtet.
Gemeinsame Grundlage für diese heutige Aktion ist die Harzer Erklärung, die Stand gestern Abend von über 1600 Menschen (354 LK) unterzeichnet wurde. Wir verteilen die Erklärung auch in Form eines Flugblattes heute und bitten alle, die noch nicht unterschrieben haben, dies noch zu tun.
Die Veranstalter sind sich einig, dass die wirkliche Gefahr von Corona ausgeht und nicht vom Impfstoff und sind daher der Meinung, dass die Impfungen vor allem gegen schwere Krankheitsverläufe einen guten Schutz bieten. Wir bitten Sie daher die Impfangebote anzunehmen. Wir demonstrieren aber nicht gegen Menschen die Impfskeptisch oder -ängstlich sind, die Impfentscheidung muss jeder für sich treffen.
Corona ist eine weltweite Krankheit, die qualvoll, langwierig oder tödlich verlaufen kann.
In Verbindung mit Corona sind in Goslar über 160 Menschen, in Deutschland Stand 26.01.22: 117000 und weltweit schon über 5 Millionen Menschen gestorben. Wir möchten Sie darum bitten, den Toten zu gedenken und eine Schweigeminute einzulegen.
Danke!
Ein weiterer wichtiger Grund für diese Kundgebung lässt sich aus dem Motto erkennen: mit Nazis marschieren ist kein Spaziergang! Zu diesen rechtsextremen Umtrieben in Goslar wird nachher Christiane Dahncke reden. Ich möchte allerdings mit Nachdruck darauf hinweisen, dass der Goslarer Montagsspaziergang auch nicht isoliert betrachtet werden kann. Wir alle wissen: Montag für Montag finden die Spaziergänge bundesweit statt. In vielen Bundesländern werden diese Demonstrationen ganz offen von Rechtsextremisten, wie freie Sachsen, der III. Weg, NPD organisiert, in anderen Bundesländern, wie Niedersachsen, marschieren sie mit. Das ist unerträglich und kann zu einer Gefahr für unsere Demokratie werden. Ich sage deshalb: Wehret den Anfängen.
ch bin ist Christiane Dahncke, ich spreche für das Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus. (Es ist toll, wie viele Menschen sich heute -trotz des Wetters- auf den Weg gemacht haben, Danke dafür!)
Heute vor 77 Jahren und zwei Tagen wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Die schrecklichen Bilder und erschütternden Dokumentationen die dieser Tage in den allermeisten Medien zu lesen und zu sehen waren gehen einem nicht aus dem Kopf
….und das ist ja auch gut so!
Gerade in diesem engen zeitlichen Zusammenhang kann ich nicht glauben, was nicht nur auf den hiesigen Montagsdemonstrationen und im öffentlich Chat der sogenannten Querdenker zu vernehmen ist: Sie forden FRIEDEN und, FREIHEIT; sprechen von einer Diktatur in Deutschland.
ja, meinen die denn wirklich, sie lebten in einer Diktatur? Sind nicht ihre eigenen Demos der simple Gegenbeweis?
Vergleiche zu Anne Frank und Sophie Scholl werden hergestellt; Teilnehmende heften sich Judensterne an, Menschen, die sich impfen lassen wollen werden als willenloser Treck in ein „Corona-Auschwitz“ dargestellt….
was für unfassbare, schamlose Verharmlosungen der Leiden der Verfolgten des Naziregimes!
Während nun letzte Woche in Herzberg der erste Arm zum Nazigruß gestreckt und Veranstalter der Gegendemonstration massiv bedroht wurden, geht es in Goslar scheinbar friedlich zu. Nun ist aber die Abwesenheit körperlicher Gewalt noch längst kein Frieden und kann kein Grund sein zum Umdeuten, Wegsehen und Verharmlosen. Wir betrachten die Demos im Wesentlich aus zwei Gründen mit Unverständnis und Sorge.
Corona! Natürlich! …..darum geht es ja den meisten bzw darum, dass die Pandemie im Ganzen geleugnet oder relativiert, Gegenmaßnahmen als untaugliche Mittel, als unverhältnismäßig und ungerecht empfunden werden. Ohne Frage, die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie sind an verschiedenen Stellen nicht konsequent und kaum nachzuvollziehen und zum Thema „Impfpflicht“ würden wir sicher auch hier verschiedene Meinungen hören. Trotzdem sollten wir – aus Solidarität mit denjenigen die sich nicht impfen lassen können oder die wegen Vorerkrankungen einen schweren Verlauf befürchten müssen- auf die Expertise und Erfahrung von Virolog*innen, Epidemiolog*innen und anderen Spezialist*innen hören und die vorübergehenden Beschränkungen der eigenen Freiheit tolerieren. Ich habe keinen medizinischen Sachverstand. Was für einen vernünftigen Grund könnte ich also haben, NICHT auf die riesige Mehrheit der Spezialist*innen zu hören sondern auf die wenigen Ärzte, Busfahrer, Sänger und Politiker, die anderer Meinung sind?
Dazu gehört schon eine gehörige Portion Arroganz, der unbedingte Wille „gegen den mainstream“ zu sein und zu einer kleinen „wissenden“ Gruppe zu gehören, während alle Anderen dumm sind.
Der zweite und für uns als Bündnis wesentliche Grund, die Montagsdemos kritisch zu betrachten ist die Rolle, die rechtsextreme Akteure spielen. Früh hat die NPD das Thema für sich entdeckt, schon im Mai 2020 hatte der Goslarer Carsten Dicty und anderer NPD-Aktive aus Braunschweig eine kleine Kundgebung „Corona Wahnsinn stoppen“ veranstaltet. Derselbe Carsten Dicty war gerne gesehener Gast bei etlichen Autokorsos in und um Goslar. Werner Rinn, Anmelder der aktuellen Demos dankte ihm zB für Fotos, die er von angeblicher „Antifa“ gemacht hatte und fand es ganz normal, dass die NPD bei den Autokorsos dabei war. Dann änderte die NPD ihre Strategie und es wurde die Parole ausgegeben „beteiligt euch, aber vereinnahmt die Corona-Proteste nicht“. In Goslar gelang das ohne Mühe denn die von Rinn verfolgte Strategie „alle dürfen mitlaufen, solange sie keine Fahnen, Parteiabzeichen etc mitführen oder Flyer verteilen“ hatte ja dieselbe Zielrichtung…. Rechtsextremisten einzubeziehen. So kam es zu einem engen Zusammenwirken mit dem Anmelder, der beharrlich den „lächelnden Ghandhi von Goslar“ gibt, zeitgleich aber garkein Problem damit hat, dass gewaltbereite Mitglieder der „Kameradschaft Nordharz“, „Harzrevolte“ und NPD dabei sind.
Seit ca zwei Wochen scheinen Rinn die Fäden nun aber zu entgleiten. Dass AfD Akteure dabei sind und Reden schwingen dürfen gehört zum geplanten Programm, aber nun verteilt die NPD Flugblätter auf der Demo-Route, „Harzrevolte“ brüstet sich online mit der Teilnahme und die sogenannten Reichsbürger waren sowieso immer ganz vorne dabei. Ein Gutes hat diese Entwicklung immerhin: in der Telegramm Gruppe finden Diskussionen statt, wie man sich besser nach Rechts abgrenzen könne…..
Rinn aber bleibt bei seinem Mantra „offen für Alle“. Und damit sind wir nicht einverstanden!
Wenn nun schon dauernd von Roten Linien die Rede ist: HIER IST SIE!
Man geht nicht mit Nazis spazieren!
Zum Abschluss der Kundgebung noch einige kurze Bemerkungen von mir:
— Niemand behauptet, dass alle Teilnehmer der Spaziergänge Nazis sind, aber die Teilnehmer sollten sich informieren mit wem sie unterwegs sind. Wir wollen aufklären und zum Nach – und Umdenken (nicht Querdenken) ermuntern. Denn vielen der Spaziergänger scheint nicht klar zu sein, wem sie folgen:
u.a. auch Reichsbürgern, die erst in Jürgenohl unterwegs waren und jetzt sonntags an der Bundesstr. Rchtg. CLZ stehen. Sie rufen auf den Spaziergängen Frieden, Freiheit Souveränität, klingt harmlos, ist es aber nicht, denn sie erkennen diesen Staat nicht an und verkleben bei den Spaziergängen Aufkleber mit der folgenden Aufschrift: „Ich bin Bürger des Deutschen Reiches und kein Personal der Firma BRD“.
— Ich könnte noch ein paar persönliche Erfahrungen beisteuern:
Der Anmelder der Montagsdemos achtet auf friedlichen Protest, sagt mir aber: Er ist für den Umsturz ohne Parteien, er ist für die Enteignung der Gewerkschaften und alle Parteien, Kirchen staatl. Org. sind für ihn gleichgeschaltet. …Und so sieht er auch die Presse…. Das ist sein immer wiederkehrendes Narrativ.
Bei Gesprächen mit den Montagsspaziergängern während ihrer Mahnwachen erlebte ich schlimmsten Antisemitismus:
„Israel sei ein faschistischer Staat und Corona sei eine Weltverschwörung von George Soros….
Zum Schluss noch eine allgemeine Bemerkung:
Es ist fatal, wenn es Menschen egal ist, dass sie mit Peace – und Regenbogenfahnen neben Reichs – und Reichskriegsflaggen stehen und singen und trommeln neben Leuten, die Arier – T- Shirts tragen.
Die Geschichte lehrt uns, dass die Wegseher, Verharmloser, Beschwichtiger auch gefährlich sind, weil sie zulassen, dass sich der Rechtsextremismus ausbreiten kann.
Aber jeder muss wissen: Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen.
Ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre Teilnahme und beende hiermit die Kundgebung