Pressemitteilung des Goslarer Bündnisses gegen Rechtsextremismus

Bilanz eines erfolgreichen Tages

 

1) Mehr als 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Goslar und ganz Niedersachsen sind am vergangenen Samstag dem Aufruf des Goslarer Bündnisses gegen Rechtsradikalismus gefolgt und haben sich an den Protesten gegen den bundesweiten Naziaufmarsch in Goslar beteiligt. Das Vorbereitungsteam bedankt sich bei all diesen Menschen und bei denen, die zu diesem Erfolg beigetragen haben. Viele haben im Vorfeld Gesicht gezeigt, indem sie auf der Homepage des Bündnisses eine „Rote Karte“ gegen rassistisches Gedankengut abgegeben haben. Vereine, Verbände, Parteien, Kirchen und Einzelpersonen haben den Aufruf des Bündnisses unterzeichnet. Die gut besuchten vorgelagerten Veranstaltungen der „Bunten Wochen“, die mit Festen, Ausstellungen und Kultur Menschen zusammenbrachten oder inhaltliche Aufklärungsarbeit leisteten, waren ein wichtiger Baustein. In Schulen wurde diskutiert, die Gebäude wurden geschmückt und Lehrer- und Schülerschaften beteiligten sich an der Demonstration. Der Stadtrat sprach sich gegen das Nazitreffen aus und fasste den Beschluss, das Odeon an diesem Tag mit bunten Bannern zu schmücken. Die Kirchen zeigten am 2. Juni Flagge und läuteten die Glocken. Vom Bündnis wurden Plakate in der Stadt aufgehängt. Die Goslarsche Zeitung unterstützte das Bündnis mit stetiger Berichterstattung und mit den Stellungnahmen und Aufrufen bekannter Goslarerinnen und Goslarer im Lokalteil. Anwohner des Georgenbergviertels schmückten ihre Häuser mit bunten Flaggen. Mehr als 50 Goslarerinnen und Goslarer aller Altersklassen stellten sich dem Bündnis als Ordner zur Verfügung und sorgten so für die Präsenz des Bündnisses. Letztendlich bedankt sich das Bündnis bei allen, die sich für die Kundgebung als Rednerinnen und Redner zur Verfügung gestellt haben, und ein breites Spektrum der Bevölkerung repräsentierten. Auch die vielen kulturellen Beiträge trugen zum Gelingen des Tages bei.

2) Dies alles gelang, weil das Bündnis seit seiner Gründung vor über 10 Jahren auf die Goslarer Stadtgesellschaft zählen kann. Die Abneigung gegen rechtsextremes Gedankengut ist in dieser Stadt tief verwurzelt und das Vertrauen in die Aktivitäten des Bündnisses und die Beteiligung daran war immer groß. Deshalb waren wir umso entsetzter über die Entwürfe eines Horrorszenarios, das seitens der Goslarer Polizeiführung wegen der Gefahr linksradikaler Ausschreitungen gezeichnet wurde. Die Nazis hingegen, so die Polizeiführung, hielten sich an „die Spielregeln“. Die Goslarerinnen und Goslarer sollten möglichst zu Hause bleiben. Anwohnerinnen und Anwohner der Naziroute bekamen Briefe von der Polizei, Läden wurden aufgefordert zu schließen. Die Panik in der Goslarer Innenstadt wurde systematisch geschürt und war greifbar. Wohlgemerkt die Angst vor der Demonstration der Nazigegner. Dass auf der anderen Seite mehrfach verurteilte Gewaltverbrecher marschierten, war hingegen kein Thema. Dieses Szenario wurde auch immer weitertransportiert, als längst feststand, dass die beiden Demonstrationen durch die Bahnschienen getrennt würden. Nicht nur die Polizeiführung, sondern auch Teile der Stadtverwaltung gingen davon aus, dass von den Gegenprotesten eine größere Gefahr als von den Neonazis ausginge. Eine aktive Beteiligung städtischer Dienststellen, wie der Stadtjugendpflege an den Vorbereitungen und Durchführung der Proteste gegen den Naziaufmarsch hätte dem z.B. entgegenwirken können.

3) Wir fragen uns außerdem, wie es um das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bestellt ist, wenn im Vorfeld der Staatsschutz in mehreren Orten Busunternehmen abtelefonierte und einen Druck aufbaute, wegen erwarteter Randale die für den 2. Juni geschlossenen Verträge zu kündigen. Busse wurden auf dem Weg zu uns wegen fadenscheiniger Begründungen stundenlang festgehalten und durchsucht. Dies wird noch Thema im niedersächsischen Landtag sein. Über 400 „gefährliche Gegenstände“ wurden konfisziert. Uns liegen Listen vor, in denen von T-Shirts, Pullovern und Basecaps die Rede ist. Ein – nicht näher beschriebenes – Messer kommt auch vor. Leider lässt die Recherche und Berichterstattung in der Presse über diese „gefährlichen“ Funde zu wünschen übrig.

4) Dass es trotz dieser Schikanen friedlich geblieben ist, hatte mehrere Gründe. Erstens hat das Bündnis schon im Vorfeld intensiv mit allen beteiligten Gruppen, auch von außerhalb, gesprochen. Dabei wurde deutlich, dass sich alle Teilnehmer der Aktionen an den Grundkonsens einer friedlichen, gewaltfreien Demonstration halten werden. Zweitens fuhr die Einsatzpolizei während der Bündnisdemonstration und Kundgebung eine „sanfte“ Gangart, sie war weder vermummt noch trug sie Helme. Umgekehrt bescheinigten die auswärtigen Polizeieinsatzkräfte vor Ort dem Bündnis eine große Besonnenheit und Kompetenz. Der Anmelder unserer Demo war stets erreichbar und ansprechbar für die Polizei. Unsere Ordner waren in kritischen Situationen stets vor Ort. Auch dafür erhielten wir ein Lob von den Einsatzkräften.

5) Auch die spontane Demonstration derjenigen, die morgens durch schikanöses Aufhalten der Busse daran gehindert wurden an der Bündnisdemonstration teilzunehmen, wurde vom Bündnis deeskalierend begleitet. Wir waren im ständigen konstruktiven Austausch mit den Organisatoren dieser spontanen Demonstration und auch hier wurde der Konsens der Gewaltfreiheit nicht in Frage gestellt. Wir ziehen das Fazit, dass durch die ständige Kommunikation zwischen dem Bündnis und allen beteiligten Gruppen ein friedlicher Ablauf der Aktionen gewährleistet war.

6) Zusammenfassend können wir festhalten, dass wir froh sind, dass der Tag so positiv verlaufen ist. Für die Nazis hingegen war die bundesweite Mobilisierung zu ihrem Jubiläumstreffen ein Fiasko. Wir haben ein vielfaches Dankeschön für unsere Arbeit erhalten und geben dies an die wunderbaren Goslarerinnen und Goslarer zurück, die unserer Stadt einmal mehr ein buntes und demokratisches Gesicht gaben und sich ihren Schneid gegen den rechten Mob nicht abkaufen ließen. In diesem Sinne und mit gestärktem Rücken werden wir unsere Arbeit fortsetzen.

Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus
Goslar 5. Juni 2018

 

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